Welche Rolle spielen Energieversorger heute für die Kommunen?
Harms: Energieversorger sind für uns zentrale Partner in der Daseinsvorsorge. EWE ist im Ammerland der wichtigste Versorger und durch die regionale Verankerung in der Bevölkerung besonders präsent. Viele Ammerländerinnen und Ammerländer sind mit der Energieversorgung durch EWE aufgewachsen, schenken dem Unternehmen ihr jahrzehntelang gewachsenes Vertrauen und bleiben ihm nicht nur aus Überzeugung und traditionellen Gründen treu. Für mich ist EWE daher so etwas wie ein „Stadtwerk“ für eine große Region.
Rempe: Energieunternehmen wie EWE sichern für uns weit mehr als Strom und Gas. Sie sind Partner bei Infrastrukturprojekten – vom Glasfaserausbau über Ladeinfrastruktur für die Mobilitätswende bis hin zu neuen Energieträgern wie Wasserstoff. Gerade im übergreifenden Technologietransfer, beispielsweise im Rahmen des Energiemanagements, arbeiten wir mit EWE eng zusammen. Außerdem sind der Landkreis und EWE durch die Förderung des Breitbandausbaus stark miteinander verknüpft: Als Landkreis bauen wir das Glasfasernetz, nach Fertigstellung übernimmt die EWE TEL GmbH als Netzpächter und -betreiber den technischen Betrieb einschließlich Wartung und Entstörungsdienst. Für mich ist EWE wie das Fundament eines Hauses – im Alltag oft unsichtbar, aber unverzichtbar für Stabilität.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit - wo liegen Stärken, wo Herausforderungen?
Harms: Die Zusammenarbeit mit EWE ist sehr partnerschaftlich. Man merkt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die regionalen Strukturen und Potenziale wirklich gut kennen – das macht vieles einfacher. Natürlich gibt es, wie in jeder engen Kooperation, einen hohen Abstimmungsbedarf mit den Städten und Gemeinden. Aber das zeigt ja auch, dass wir alle an einem Strang ziehen – und das ist am Ende eine gute Grundlage, um gemeinsam etwas zu bewegen.
Rempe: Wir haben einen engen Austausch, besonders durch das Regionalbüro und den Kommunalbetreuer. Natürlich spüren auch wir immer mal wieder, dass es sich bei EWE um einen großen Konzern mit entsprechenden Entscheidungswegen handelt. Langjährig persönlich bekannte Kommunalbetreuer und ein enges Vertrauensverhältnis ermöglichen den raschen Austausch bei vielfältigen Energiefragen. Dadurch können wir vor Ort immer wieder auch auf wertvolle Erfahrungen aus der Praxis zurückgreifen.
Welche Rolle spielt EWE in der wirtschaftlichen Entwicklung Ihrer Region?
Harms: EWE ist für den Landkreis Ammerland zugleich Motor und Grundversorger. Das Unternehmen sichert mit seiner Energie-, Telekommunikations- und Netzinfrastruktur die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und Standortattraktivität. Darüber hinaus ist EWE ein wichtiger Arbeitgeber und Auftraggeber für regionale Unternehmen. Als Anteilseigner profitieren wir direkt vom wirtschaftlichen Erfolg, die unseren Kreishaushalt stärken und finanzielle Spielräume für Investitionen in Zukunftsprojekte eröffnen.
Rempe: EWE stellt wesentliche Infrastruktur für die stark mittelständische geprägte Wirtschaft bereit, vor allem auch in vielen Gewerbegebieten. Hilfreich ist auch die Mitgesellschafterrolle in unserer Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WLH), da so ein enger Bezug zu Entscheidungen und zu den Bedürfnissen der Unternehmen besteht. Zudem profitieren Bauunternehmen und Handwerksbetriebe im Landkreis vom Infrastrukturausbau durch entsprechende Aufträge.“
Was meinen Sie - nehmen Bürgerinnen und Bürger diese Rolle wahr?
Harms: Ich denke, die Menschen erleben EWE als präsenten Versorger, auf den sie sich im Alltag verlassen können – auch wenn es mal nicht rundläuft. Im Grunde wissen alle: EWE ist da, wie ein guter Nachbar, den man ruft, wenn es hakt und man Hilfe braucht.
Rempe: Im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern geht es oft um Schwierigkeiten zum Beispiel im Kundenservice – ein Bereich, in dem EWE lange in der Kritik stand und auch heute noch immer wieder Kritik erfährt. Ich erlebe aber, dass das Unternehmen diese Rückmeldungen ernst nimmt und kontinuierlich daran arbeitet, die Abläufe zu verbessern und den Service verlässlicher zu gestalten.
Gibt es Themen, bei denen Unternehmen besonders profitieren - oder auch Hürden sehen?
Harms: Unsere Unternehmen profitieren ganz klar davon, dass EWE nicht nur Standardlösungen anbietet, sondern individuell auf die Bedürfnisse der Betriebe eingeht – gerade bei Fragen rund um Energieeffizienz, Versorgungssicherheit oder neue Technologien. Mit Initiativen wie dem Powerhouse Nord zeigt EWE zudem, dass man die Region langfristig fit für die Zukunft machen will – etwa durch innovative Ansätze bei Wasserstoff und erneuerbaren Energien.
Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Die Netze stoßen in manchen Bereichen schon an ihre Grenzen. Zusätzliche Stromkapazitäten bereitzustellen, wird dadurch zunehmend komplexer – das ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir nur im Schulterschluss von Kommune, Wirtschaft und EWE lösen können.
Rempe: Da EWE zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen veranlasst, profitieren davon natürlich auch der Tiefbau und weitere Dienstleister nicht unerheblich.
Vor welchen Herausforderungen stehen Kommunen beim Erreichen der Klimaschutzziele?
Harms: Beim Klimaschutz stehen die Kommunen vor der Herausforderung, große Ziele mit ganz praktischen Maßnahmen vor Ort zu verbinden. Dabei ist EWE für uns ein wichtiger Partner und Impulsgeber – etwa mit der Charta für den Klimaschutz, die der Landkreis Ammerland und EWE vor einigen Jahren gemeinsam unterzeichnet haben. So lassen sich kommunale Strategien besser abstimmen und Projekte gezielter umsetzen. Aus dieser Zusammenarbeit sind schon viele Aktionen entstanden, die das Thema greifbar machen – vom Info-Talk „Vom Keller bis zum Dach - wie stelle ich meine Immobilie zukunftsgerecht auf?“ über den Wasserstoff-Tag in Rostrup bis hin zur Baumpflanzaktion im Ammerland, bei der Westersteder Schülerinnen und Schüler rund 2.000 junge Bäume gepflanzt haben. Solche Beispiele zeigen: Klimaschutz kann ganz konkret und gemeinschaftlich funktionieren – und macht sogar Spaß.
Rempe: Klimaschutz hat auch für den Landkreis Harburg eine hohe Priorität. Nicht umsonst sind wir als Europäische Energie- und Klimaschutzkommune ausgezeichnet und verfolgen das ehrgeizige Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden. Dazu ist eine Vielzahl von Maßnahmen erforderlich, die nahezu alle Bereiche unseres Landkreises betreffen. Der Zusammenarbeit mit EWE kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Wir schätzen die Expertise des Unternehmens und den partnerschaftlichen Austausch bei Energieprojekten wie dem Energiemanagement oder bei der kommunalen Wärmeplanung, wo wir auf die Kompetenz von EWE zurückgreifen können.
Wo sehen Sie Chancen und Herausforderungen bei der Energiewende?
Harms: Immer mehr erneuerbare Energien müssen ins Netz eingespeist werden – eine große Chance für EWE NETZ als erfahrener Netzbetreiber. Die Herausforderung liegt im Leitungsnetz, das Zeit für den Ausbau braucht, und in den politischen Rahmenbedingungen. Dazu kommt das schwierige Gleichgewicht zwischen Bezahlbarkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit.
Rempe: Die Energiewende, die Transformation zu klimafreundlicher Energie und moderner Mobilität ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der einem Energieunternehmen wie EWE naturgemäß eine besondere Bedeutung zukommt. Im Rahmen der Energiewende kommt es aber auch besonders darauf an, Erzeugung, Verbrauch und Netzausbau zu synchronisieren. Als ein in der Region verankertes Unternehmen kann EWE die Energiewende praxisnah gemeinsam mit Privatleuten, Unternehmen und Kommunen vor Ort gestalten und hat die Chance, sich als innovativer und zukunftsorientierter Energieversorger der Region zu positionieren.
Neben der sicheren Energieversorgung engagiert sich EWE in vielen Bereichen der Gesellschaft - durch Sponsoring im Breiten- und Spitzensport, durch die Förderung von Bildungsangeboten oder auch durch den flächendeckenden Glasfaserausbau. Welchen Stellenwert hat das für die Kommunen?
Harms: Das hat für uns als Kommune einen sehr großen Stellenwert. Mit dem flächendeckenden Ausbau mit Glasfasernetzen kommt EWE seiner Aufgabe in der Daseinsvorsorge nach und leistet einen essenziellen Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen im ländlichen Raum, der damit zukunftsfähig und attraktiv sowohl für Familien als auch für Unternehmen ist und bleibt. EWE übernimmt zudem wichtige Aufgaben, die Kommunen auch aufgrund der sich weiter verschlechternden Finanzsituation nicht mehr wahrnehmen können. Mit seinem Engagement leistet EWE einen bedeutenden gesellschaftlichen Beitrag für die Wertschätzung, Unterstützung und Aufrechterhaltung des Ehrenamts.
Rempe: Was früher die Eisenbahn oder der Anschluss an die Autobahn war, ist heute das Internet: Lebensader unserer Wirtschaft und unverzichtbarer Teil der Infrastruktur, um unsere Region zukunftsfähig und die Unternehmen vor Ort wettbewerbsfähig zu halten. Der flächendeckende Ausbau mit Glasfasernetzen wäre ohne Telekommunikationsunternehmen wie EWE nicht leistbar. Gerade in finanziell herausfordernden Zeiten kommen auch dem Sponsoring durch EWE und der Tätigkeit der EWE Stiftung eine besonders wichtige Rolle zu, da beides entlastende Wirkungen auf den Standort hat.
Wo wünschen Sie sich künftig mehr?
Harms: EWE leistet bereits viel für unsere Region – daher: gerne weiter so, am besten mit noch mehr Tempo. Besonders wichtig ist, dass EWE auch künftig schnell und entschlossen handeln kann, wenn die Versorgungssicherheit einmal von außen bedroht ist – etwa durch Cyberangriffe oder geopolitische Krisen. In solchen Momenten zeigt sich, wie wertvoll ein starker und verlässlicher Energieversorger vor Ort ist.
Auf der gesellschaftlich-kulturellen Ebene würde ich mir wünschen, dass EWE sich künftig noch stärker in der Kulturförderung engagiert. Hier stoßen wir als Kommunen zunehmend an finanzielle Grenzen. Es wäre schön, wenn EWE an der einen oder anderen Stelle unterstützen könnte. Kultur ist schließlich das, was unsere Region lebendig hält – und das passt gut zu einem Unternehmen, das hier fest in der Region verankert ist.
Rempe: Der wachsende Energiebedarf und steigende Kosten sind eine Herausforderung für Unternehmen, aber auch die Energieunternehmen selbst. Auch künftig gilt es, den Energiebedarf unserer kleinen und mittleren Unternehmen im Auge zu behalten. Wir benötigen gerade auch für diese wichtigen Kunden Energiesicherheit bei international wettbewerbsfähigen Kosten – auch im Einklang mit dem Klimaschutz. Gleichzeitig gilt es, angesichts der unsicheren Weltlage Vorsorge für die Versorgungssicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen vor Ort zu treffen.
Welche Erwartungen haben Sie an die strategische Entwicklung von EWE in den kommenden Jahren?
Harms: Ich habe die Erwartung, dass EWE seine führende Rolle bei der Einbindung und Nutzung der regenerativ erzeugten Energiemengen ausbaut und fortsetzt und damit eine gesunde und klimafreundliche Basis für die Daseinsvorsorge unserer Bürgerinnen und Bürger, aber auch hervorragende Bedingungen für unsere Unternehmen und die, die es noch werden wollen, schafft.
Rempe: EWE hat sich in der Vergangenheit immer dadurch ausgezeichnet, dass es technische Innovationen frühzeitig erkannt und aufgegriffen hat. Dies erwarte ich auch in Zukunft, was allerdings politische Vorgaben in Bezug auf Planungssicherheit für notwendige Investitionen voraussetzt.
Mit Blick Richtung Zukunft: Welche Rolle sollten Energieversorger in zehn Jahren in Ihrem Landkreis einnehmen?
Harms: Die Rolle von EWE sollte dieselbe tragende und erfolgreiche Energieversorger-Rolle sein wie heute, dann allerdings als hochmoderner Versorger mit zusätzlich innovativen Lösungen (z. B. grüner Wasserstoff), die unsere Region nachhaltig nach vorne bringen – Stichwort: Energieland Nummer 1. Und natürlich würde ich mich freuen, wenn die EWE in zehn Jahren als leuchtendes Vorbild in Sachen gelungener Energietransformation wahrgenommen wird, erfolgreich am Markt agiert und weiterhin eine bedeutende Rolle als attraktiver und großer Arbeitgeber in unserer Region einnimmt.
Rempe: EWE sollte seine Position im Wettbewerb weiter gestärkt haben und ein zuverlässiger Partner für die Region bleiben, der für Innovation und Nachhaltigkeit steht.
Das Ammerland ist stark ländlich geprägt. Welche Rolle kann EWE dabei spielen, die Region durch verlässliche Energie- und Breitbandversorgung zukunftssicher aufzustellen?
Harms: Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur wird gerade auf dem Land immer mehr zu einer Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit. Deshalb ist gerade für die ländlichen Regionen eine stabile und ausreichende Breitbandversorgung essenziell - für Bildung, gewerbliche Nutzung und unsere kommunalen Angebote zur Daseinsversorgung. Auch um Arbeitsplätze zu sichern und Dörfer als Lebens- und Wohnorte attraktiv zu erhalten, ist der digitale Anschluss heute ebenso wichtig wie eine gute Verkehrsanbindung. Hier müssen wir auf jeden Fall mit allen Mitteln unsere ländlichen Gebiete unterstützen und die neuesten technische Voraus¬setzungen schaffen, insbesondere für besten Anschluss an Datenautobahnen sorgen. Dafür brauchen wir EWE als sichtbaren und starken Partner vor Ort.
Der Landkreis Harburg wächst dynamisch und ist Teil der Metropolregion Hamburg. Welche Chancen sehen Sie in der Zusammenarbeit mit Energieversorgern, um Infrastruktur und Energiewende im Ballungsraum voranzubringen?
Rempe: Der Landkreis Harburg ist ein dynamischer, wachstumsstarker Wirtschaftsraum mit hochattraktiven Unternehmen und hoher Lebensqualität. Im bundesweiten Vergleich der Wirtschaftsstandorte und -regionen spielt der Landkreis als Zukunftsregion vorn mit und ist bestens aufgestellt. Die Zahl der auch international erfolgreichen Betriebe und Arbeitsplätze steigt ebenso wie die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner seit Jahren. Allein seit 2015 wurden über 14.000 neue Stellen geschaffen – ein Plus von 25 Prozent und damit etwa doppelt so viel wie im Landes- und Bundesdurchschnitt. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Wirtschaft, unseren starken und erfolgreichen Mittelstand weiter stärken und fördern. Dazu ist es auch wichtig, die Breitband-versorgung weiter zu optimieren, Lücken zu schließen und das aufgebaute Netz zu verdichten und zu erweitern. Chancen könnte das Wasserstoffkernnetz nach Hamburg bieten, um so größeren Verbrauchern auch im Landkreis Kostenvorteile bei der klimafreundlichen Energieversorgung zu verschaffen. Hier ist die Frage, wie und zu welchen Konditionen Abzweiger vom Kernnetz in die Region umgesetzt werden können.