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    Surfen mit Highspeed: Ab wann kommt Glasfaser für alle?

    Jeder wünscht sich schnelles Internet - Glasfaser gilt dabei als das Medium der Zukunft. Warum es manchmal so lange dauert, bis Glasfaserleitungen verlegt sind und was in Deutschland passieren muss, damit das politische Ziel „Glasfaser für alle bis 2030“ erreicht werden kann, erklärt EWE TEL-Geschäftsführer Norbert Westfal im hallo nachbar-Interview.

    © Christian Kerber
    Norbert Westfal Der Telekommunikationsexperte
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    Norbert Westfal ist seit Februar 2011 Sprecher der Geschäftsführung der EWE TEL GmbH und seit November 2014 Präsident des Bundesverbandes Breitbandkommunikation e.V. (BREKO).

    Warum ist Glasfaser besser als herkömmliche Kupferleitungen?

    Norbert Westfal: Während der Corona-Pandemie wurde eine gute Internetverbindung für viele Menschen wichtiger als zuvor. Seit Ende der Pandemie ist das Bedürfnis nach Bandbreite und stabilem Internet aber nicht zurückgegangen. Untersuchungen zeigen, dass der Datenhunger sogar gewachsen ist. Und er wächst weiter, weil heutige Anwendungen mehr Bandbreite brauchen als früher und (hoffentlich) viele weitere Anwendungen hinzukommen, die uns das Leben erleichtern. Auch wenn die öffentliche Verwaltung in Deutschland noch etwas hinterherhinkt: Es werden immer mehr Anwendungen in den digitalen Bereich wandern, sei es das Ummelden des Autos, der neue Wohnsitz, und vieles mehr.

    Geht es dabei nur um Bandbreite? Also höher, schneller weiter?

    Nein, auch die Sicherheit wird immer wichtiger. Wir sehen, dass ein Glasfaseranschluss neben einer höheren und sicheren Bandbreite auch eine geringere Latenz, das heißt weniger Verzögerung, als eine Kupferleitung hat. Er lässt sich zudem auch nachhaltiger betreiben, weil Glasfaser deutlich energieeffizienter ist als Kupfer- oder Koax-Netze, also Fernsehkabel.

    Warum dauert es so lange, bis Glasfaserleitungen verlegt werden?

    Bis die Glasfaser in den Wohnungen ankommt, sind umfangreiche Arbeiten notwendig. Es handelt sich dabei um eine komplett neue Infrastruktur. So müssen zunächst Glasfaserkabel unter die Straße. Von dort werden die Hausanschlüsse, also die FTTH-Anschlüsse (Anmerk. FTTH = Fiber to the home) zu den einzelnen Gebäuden verlegt. Wie alle Infrastrukturmaßnahmen geht das nicht von heute auf morgen. Wer einmal ein Haus gebaut hat, weiß, wie lange sich so ein Prozess hinziehen kann und dass es nicht mit der Unterschrift für das Grundstück getan ist. Um jedes Haus in Deutschland anschließen zu können, brauchen wir etwa einen Zeitraum von zehn Jahren. Wir sind glücklicherweise schon einige Jahre unterwegs. Das politische Ziel, das wir uns auch zu eigen gemacht haben, lautet, dass wir bis 2030 allen Haushalten in Deutschland ermöglichen wollen, einen Glasfaseranschluss zu bekommen. Viele Kunden können diesen bereits jetzt oder in ein bis zwei Jahren haben, in ländlicheren Regionen kann es bis 2030 dauern, dass man einen Anschluss buchen oder bestellen kann.

    Ist das Ziel 2030 realistisch?

    Ja. Mit der Glasfaser Nordwest (Anmerk. Joint Venture von EWE und der Deutschen Telekom) wollen wir in unserer Region dieses Ziel sogar unterbieten und schneller fertig werden. Wir merken das aktuell an dem Tempo, mit dem wir ausbauen.

    Baut EWE ausschließlich mit eigenen Mitteln Glasfasernetze aus?

    Das Gemeinschaftsunternehmen Glasfaser Nordwest nutzt nur eigene Investitionsmittel. Für einen flächendeckenden Ausbau auch in sehr ländlichen Regionen benötigen wir Förderverfahren, um die Baumaßnahmen finanzieren zu können. Gerade für die Häuser, die weiter entfernt von den Gemeindezentren liegen. Der Anteil liegt in Niedersachsen aber nur bei knapp zehn Prozent. Bei geförderten Verfahren dauert der gesamte Prozess von Anfang bis Ende bis zu fünf Jahre. EWE ist im geförderten Ausbau sehr aktiv. Der eigenwirtschaftliche Ausbau eines Glasfaseranschlusses durch die Glasfaser Nordwest beansprucht bis zu zwei Jahre von Start bis Anschluss. Wir brauchen viele Baugenehmigungen und etwa Einverständniserklärungen der Hausbesitzer. Trotz elektronischer Verfahren, die den Prozess mittlerweile beschleunigen, ist die Summe der Genehmigungen gleichgeblieben. Zudem brauchen wir für das jeweils örtliche Verteilnetz einen Knotenpunkt, der etwa die Größe einer Garage hat. Auch dafür braucht es Zustimmung in den Kommunen – und viel Zeit. Es ist wichtig, zu wissen: Wir bauen die Hausanschlüsse erst dann, wenn wir einen Auftrag vorliegen haben. Deswegen müssen sich die Kunden rechtzeitig bei uns melden.

    Wie viele Kunden nutzen denn bereits einen Glasfaseranschluss?

    Aktuell ist es so, dass mehr als 30 Prozent der deutschen Haushalte bereits einen Glasfaseranschluss bestellen können. Leider wird davon noch nicht so stark Gebrauch gemacht und die tatsächliche Nutzung liegt bei einem Viertel dieses Potenzials.

    Und warum hinkt Deutschland im internationalen Vergleich noch hinterher?

    Die Bundesregierung hat in den 1980er Jahren das Koax-Netz favorisiert. Wir haben das Kupfernetz zudem immer sehr modern gehalten. Wie ein baufälliges Gebäude, das stets abgestützt und saniert wurde. Wir haben das letzte Tröpfchen aus dem Kupfer herausgequetscht. Es war auch gut genug und konnte bis auf eine Geschwindigkeit von 250 Megabit pro Sekunde erweitert werden. Für die Ansprüche der Menschen, also E-Mails schreiben und im Internet surfen, reichte es damals völlig aus. EWE hat bereits 2008 erste Glasfasernetze gebaut. Der Bedarf dafür war nur noch nicht da. Den Menschen reichte beim Hausanschluss die Kupfer-Doppelader der Telekom.

    Also doch kein Versäumnis?

    Nein, versäumt haben wir nichts, wir haben uns an den Markterfordernissen ausgerichtet. Trotzdem hätten wir früher mit dem Glasfaserausbau beginnen sollen. Die gute Nachricht: Deutschland gehört aktuell zu den drei Top-Nationen, die am schnellsten ihre digitale Infrastruktur ausbauen. Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt.

    Was können Verbraucher tun, um Glasfaser in ihre Region zu bekommen?

    In Gebieten, die wirtschaftlich erschließbar sind, wird auch bald das Glasfasernetz verlegt werden. Hier sollten die Verbraucher die Chance nutzen und gleich einen Hausanschluss bestellen. In sehr ländlichen Regionen, in denen ein geförderter Ausbau nötig ist, ist die Kommune der beste Ansprechpartner. Der Infrastrukturausbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Man braucht die Kunden, die interessiert sind, die Unternehmen, die bauen und die Kommunen, die das unterstützen.

    Ist Glasfaser bereits das Non plus ultra oder nur der Zwischenschritt zu einer weiteren Technologie, zu einem besseren Material?

    Aus der Physik wissen wir, dass Glas das beste Medium ist, um Licht zu leiten. Über Mobilfunk und Satellit gibt es auch andere bewährte Anschlussmöglichkeiten. Allerdings hat Mobilfunk physikalische Grenzen, ebenso in puncto Reichweite und Sicherheit. Jeder kennt das Szenario, wenn der Satelliten-Empfang bei Schneefall oder starkem Regen deutlich schlechter wird. Mobilfunk ist nur eine Ergänzung mit vielen Einschränkungen. Die sicherste Verbindung ist Glasfaser, das wird auch in Zukunft so bleiben. Die Kupferleitungen nutzen wir jetzt seit 120 Jahren, die Glasfaserleitungen werden mindestens genauso lange halten. Der Umstieg von Kupfer auf Glas wird für alle kommen.

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