hallo nachbar Navigation
Suche

    Preiswürdig: Roboter, die Menschen helfen

    Dank eines Robotiksystems können Menschen mit Behinderungen Arbeitsvorgänge leichter erlernen. Dafür erhielt die Oldenburgerin Sandra Drolshagen den Helene-Lange-Preis der EWE Stiftung.

    © privat
    Sandra Drolshagen Die Forscherin
    Mehr erfahren

    Sandra Drolshagen, Jahrgang 1994, studierte ab 2012 „Engineering Physics“ an der Universität Oldenburg – ursprünglich mit dem Ziel die Astrophysiker-Tradition ihrer Familie fortzusetzen. Der Unfall eines ihrer Hunde wurde nicht nur zum Auslöser dafür, einen erfolgreichen Instagram-Kanal über Hunde zu starten, sondern auch dafür, den Schwerpunkt des Studiums in Richtung Robotik zu verlagern. Die Versuchsreihe für die von ihr entwickelte sensor-gesteuerte Hundeprothese bildete auch die Grundlage für Drolshagens Masterarbeit, die sie 2018 erfolgreich abschloss.

    Welcher Legostein kommt als Nächster? Der Mitarbeiter der Gemeinnützigen Werkstatt Oldenburg ist unsicher. Kurz hält er inne und überlegt - als plötzlich ein Roboterarm herausfährt und auf den richtigen Stein deutet. Dieser kleine Wink ist für den Mann mit Behinderung eine große Hilfestellung. Möglich macht das ein Robotiksystem, das die Oldenburgerin Sandra Drolshagen entwickelt hat - und für das sie mit dem Helene-Lange-Preis der EWE Stiftung ausgezeichnet wurde.Der Auslöser für die Entwicklung war ein Unfall von Drolshagens Hund. Als dieser sich einen schweren Beinbruch zuzog, riet der Tierarzt, ihn einschläfern zu lassen. Drolshagen wollte das verhindern - und überlegte, ob ihr dabei die Inhalte eines Seminars helfen konnten, das sie als Teil ihres Physikstudiums besuchte: ein Robotikkurs. "Damit müsste man etwas machen können", sagte sie sich. Sie arbeitete sich in das Thema ein, begann zu experimentieren und entwickelte mithilfe eines 3-D-Druckers schließlich eine Prothese für ihren Hund.

    "Seitdem hat mich die Robotik nicht mehr losgelassen", sagt Drolshagen. Darum schrieb sie auch ihre Masterarbeit über das Thema – und darüber, wie sich die Prothese mithilfe von Sensoren noch perfektionieren ließe, um auf Bewegungen des Tieres zu reagieren.

    "Aber ich wollte auch etwas für Menschen tun", sagt Drolshagen. So entstand die Idee für ein System, das Menschen bei verschiedensten Tätigkeiten unterstützen kann, indem es wahrnimmt, wenn diese stoppen oder Fehler machen - und dann einen Roboterarm in Bewegung setzt, der buchstäblich zeigt, wie es weitergeht.
    Dafür kombinierte Drolshagen eine Software mit Sensoren und einem sogenannten Cobot – einem Roboter, der für die Zusammenarbeit mit Menschen konzipiert wurde. Die Praxistauglichkeit testete sie in einem vierwöchigen Versuchsaufbau in den Gemeinnützigen Werkstätten. Dort führen Menschen mit Behinderungen Arbeiten wie das Verschrauben kleine Teile aus oder das Zusammenstellen von Paketen mit verschiedenen Produkten.

    Für den Versuchsaufbau erhielten sie nun die Vorgabe, acht verschiedene Legosteine in einer vorgegebenen Form zusammenzusetzen. Das System erkannte, wenn sie dabei ins Stocken gerieten. Dann zeigte der Cobot den richtigen Weg – beispielsweise indem er auf den richtigen Stein, die Zielposition oder die Anleitung zeigte oder winkte. Dabei lernte das System selbstständig, welche Geste den Probandinnen und Probanden am besten half.

    Damit erzielte Drolshagen nicht nur "technisch herausragende Ergebnisse im Fachbereich Robotik", heißt es in der Laudatio der Vorstandsvorsitzenden der EWE Stiftung, Vera Weidemann, "sondern eine Erleichterung im Alltag von Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Mit dem Assistenzsystem wird ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt vereinfacht und die gesellschaftliche Teilhabe verbessert“.

    Eine App oder das Video eines Roboters hätte nicht die gleiche Wirkung erzielt, sagt Drolshagen. "Studien haben gezeigt, dass Gesten und Bewegungen eines Roboters, der physisch anwesend ist, einen größeren Lerneffekt haben." Aber auch Menschen ohne Behinderung können einen Roboter nutzen, der wie ein aufmerksamer Lehrer über die Schulter schaut und auf die richtige Lösung hinweist. Demnächst will Drolshagen das System einsetzen, um Schülerinnen ohne Behinderungen bei Mathematik-Aufgaben zu assistieren und dadurch für MINT-Fächer zu begeistern.

    Die Ergebnisse will Drolshagen als Grundlage für ihre Habilitation verwenden. Das Preisgeld der EWE Stiftung käme wie gerufen, um einen dafür notwendigen Auslandsaufenthalt mitzufinanzieren, sagt sie. Entscheidender aber ist für sie etwas anderes: "Mich macht sehr froh, dass ich mit meiner Forschung auch etwas Gutes bewirken kann.“

    Auszeichnung für wissenschaftlichen Nachwuchs

    Der Helene-Lange-Preis richtet sich an junge Wissenschaftlerinnen, die sich auf besonders innovative und kreative Art und Weise mit alltagsrelevanten Aspek­ten der Digitalisierung befassen und die Vision haben, Wissenschaft, Wirtschaft sowie gesellschaftliche Veränderungsprozesse in der Gegenwart und in der Zukunft aktiv mitzugestalten. Die EWE Stiftung vergibt die Auszeichnung in Kooperation mit dem OFFIS Institut für Informatik und der Stadt Oldenburg alle zwei Jahre.

    Hier erfahren Sie mehr

    nach oben