Was war die Inspiration für den Buchtitel "Heißer Scheiß?
Dass jemand den Titel provokant finden könnte, wurde mir erst bewusst, nachdem ein paar Mails kamen, die ganz pädagogisch meinten, dass es sich nicht gehört, "Scheiß" für einen Titel zu nutzen.
Unter anderem hat der Titel auch damit zu tun, dass Frauen in meinem Alter endlich anfangen, sich einen "Scheiß" dafür zu interessieren, was andere von ihnen denken. Damit sind wir bei Wut, die in diesem Titel steckt, denn Wut fühlt sich heiß an – kann aber enorm viel bewirken, wenn man sie gezielt und angemessen einsetzt. Es braucht Wut, um sich 1. abzugrenzen, 2. um seine Ziele zu erreichen und 3. für sich einzutreten.
Das sind drei Aspekte, die Frauen dringend kultivieren müssen, um gehört zu werden. Und eins ist klar: Mehr denn je braucht diese Welt vor allem ältere Frauen, die Erfahrung darin haben, zu verhandeln und Kompromisse einzugehen und die nicht so impulsiv reagieren wie Männer in ihrem Alter.
Die Wut, die ich meine, sollte sich über Jahrzehnte unbezahlter Care-Arbeit, über viele Metoo-Momente und erdrückende und widersprüchliche Erwartungen der Gesellschaft in jeder Frau angesammelt haben. Ich betrachte es als meine Aufgabe, diese Wut zu aktivieren und Frauen auf die große Bühne zu holen – in der Gesellschaft und in der Politik. Und das fängt damit an, dass sie sich einen angemessenen Platz in ihren eigenen Familien zurückerobern. Zum Beispiel, indem sie einfach mal was gegen die Wand fahren lassen – so dass unsichtbare Hausarbeit sichtbar wird.
Und last but not least ist das Buch der neue "heiße Scheiß" – also etwas, das man unbedingt haben muss, um mithalten zu können ...
Sie sprechen offen über die Menopause als "Tor zur großen Freiheit". Welche gesellschaftlichen Missverständnisse gibt es über diese Lebensphase?
Die Narrative, die durch die Medien und Diskurse in der Gesellschaft geistern, thematisieren immer nur einen Verfall und den Verlust der Fruchtbarkeit. Als ob das aktive Leben, die Kreativität, das Potenzial einer Frau und ihr Begehren mit der Menopause eine Abbruchkante erreichen. Das Gegenteil ist der Fall! Mit der Menopause und Ü50 beginnt für Frauen die verheißungsvollste Zeit ihres Lebens. Sie können sich langsam aus Verantwortlichkeiten lösen, die Kinder brauchen sie immer weniger. Sie können auf Jahrzehnte an Lebenserfahrung zurückgreifen, sind klüger und klarer als 20 oder 30 Jahre zuvor. Außerdem kommt ein Schuss Testosteron hinzu, der sehr gut helfen kann, sich abzugrenzen und sich neue Ziele zu stecken.
Das ist die Phase im Leben, in der man noch einmal alles auf den Prüfstand stellen kann – lebe ich im Moment so, wie ich auch noch die nächsten 30 Jahre leben will? Und viele Frauen antworten darauf immer öfter mit: Nein. Und beenden ihre langjährigen Beziehungen – die Zahl der "Grey Divorces" nimmt deutlich zu. Oder sie orientieren sich beruflich noch einmal neu.
Und by the way – wer vermisst denn ernsthaft seine Regel? Oder diesen scheiß Stress mit der Verhütung? Die Menopause ist nichts anderes als eine einzige Befreiung von vielen Regeln, Glaubenssätzen und körperlichen Einschränkungen.
Ihr Buch ist ein Plädoyer für einen Neustart in Job, Liebe und Freundschaften. Warum fällt es vielen Frauen schwer, diesen Schritt zu wagen?
Weil sie bis dahin oft mehrere Jahrzehnte damit verbracht haben, es allen recht zu machen. Viele Frauen werden nach wie vor in eine Art Dasein als "People Pleaser" hineinsozialisiert. Sie sind ja nicht nur für die Hausarbeit und Care-Arbeit, sondern auch für die Emotionsarbeit zuständig. Sie sind in ihrer jeweiligen Familie der Puffer zwischen Arbeits- und Familienwelt. Die New York Times hat nach der Pandemie einmal getitelt, Frauen sind die "shock absorbers" der Gesellschaft.
Frauen sind es leid, sich ständig mit Problemen rumschlagen zu müssen, die von anderen verursacht werden, sie sind erschöpft und sie sind zurecht wütend. Aber es fällt ihnen nach wie vor sehr schwer, diese Wut zu artikulieren und andere vor den Kopf zu stoßen.
Wenn man dafür ein Sinnbild heranziehen will, dann sind es diese Wuträume, wo man für 200 € mit einem Baseballschläger oder einer Axt Sperrmüll-Möbel zerlegen kann. Die Kunden dort sind zu 70 % Frauen! D. h., Frauen drücken ihre Wut am liebsten dann aus, wenn sie dafür bezahlen müssen, niemand verletzt wird und hinterher alles aufgeräumt ist …
Wenn Sie Ihrem jüngeren Ich einen Ratschlag geben könnten - welcher wäre das?
1. Grab them by their balls.
2. Lächle nie, wenn du dich nicht wirklich danach fühlst.
3. Lass dir von niemandem sagen, was du kannst oder nicht kannst.